Freitag, 9. September 2011

Das Märchen vom Hamsterzirkus

Vor langer langer Zeit, als es auf den Jahrmärkten noch Flohzirkusse gab, lebte einmal ein armer Mann, der einen solchen Zirkus eröffnen wollte. Er dachte lange hin und her, wie er es anstellen sollte, die Leute zu bannen und zum Lachen zu bringen. Einen Flohzirkus fand er zu langweilig, einen Mäusezirkus gab es in jeder Stadt und vor den richtig großen Tieren wie den Löwen und Tigern hatte unser Zirkusdirektor nicht nur ein bisschen Angst. Da kam er auf die Idee, es mit einem Hamsterzirkus zu versuchen. So etwas hatte es noch nie gegeben.

Er kaufte mehrere schöne Hamster, baute ein großes Hamsterrad und ließ die Tiere darauf herumturnen. Einer der Hamster turnte am schönsten. Er rannte wie ein Verrückter in dem Rad bis er sich überschlug und im ganzen Zirkus herumwirbelte. Das gefiel den Kindern. Sie lachten und jauchzten vor Vergnügen und wollten immer noch mehr sehen.

Der Zirkusdirektor baute diese Nummer aus. Er bastelte für die Hamster kleine Flipflops in allen Farben. Sie klapperten bei jedem Schritt. Davon bekamen die Hamster Angst und sie rannten noch schneller. Sie verloren erst den einen Flipflop und dann den nächsten und bevor es zu den Loopings kam, wirbelten die Schuhe wild umher und regneten auf die Zirkusbesucher nieder.

Das wurde den Hamstern zu bunt. Sie konnten das Lachen nicht mehr hören. Sie wollten nicht mehr rennen oder in Loopings herumwirbeln. So fassten sie eines Abends, gerade als sie in Frankreich angekommen waren, einen Plan. Sie wollten den Menschen das Lachen stehlen. Nun zogen sie jede Nacht aus, huschten durch die Gassen und nahmen sich hier ein vorlautes Ha und dort ein gekichertes Hi und im Wirtshaus fanden sie viele prächtige Ho's. Sie fraßen sie alle auf. Das schmeckte sehr gut. Was sie nicht gleich essen konnten, verbargen sie in ihrem Bau.

Nach einer Weile hatten sie das Lachen im ganzen Land gehamstert. Doch damit war es nicht genug. Die Hamster hatten Gefallen an den H's gefunden und bedienten sich nun auch an der Sprache. Bald war in Frankreich kein einziges H mehr zu hören. Die Leute wurden missmutig und stumpf. Sie gingen mit grauen Gesichtern, mieden den Markt und den Zirkus und alles, was Spaß machte.

Eines Abends nach einer Vorstellung vor leeren Rängen setzte sich der Zirkusdirektor traurig zu seinen Hamstern. Mit Erstaunen sah er, dass die Hamster ganz vergnügt umherhuschten. Dabei knabberten sie an kleinen H's. Es waren nicht mehr viele übrig. Langsam verstand der Zirkusdirektor, was geschehen war. Vorsichtig nahm er die noch verbliebenen H's und gab sie den Menschen zurück.

Nach und nach breitete sich das Lachen wieder aus. Bald hörte man hier und dort einen kleinen Jungen vor Vergnügen quietschen, wenn er am Bauch gekrabbelt wurde. Die vierzehnjährigen Mädchen kicherten ungehemmt und aus den Wirtshäusern schallte dröhnendes Gelächter. Die Leute hatten wieder Spaß am Leben.

Doch was die Sprache anbelangt, stand der Zirkusdirektor vor einem Rätsel. Er konnte das H einfach nicht mehr in den Worten unterbringen. So blieb es nur auf dem Papier stehen und niemand sprach es mehr aus. Die Franzosen hatten sich an ein Französisch ohne H gewöhnt und heute vermisst es niemand mehr.

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